Integrative Umlauf- und Dienstplanbildung
Bei der operativen Planung von Verkehrsbetrieben spielen die Umlaufplanung und Dienstplanung eine wichtige Rolle. In der Regel wird als erstes ein Umlaufplan gebildet, der dann als Grundlage für die nachfolgende Dienstplanung dient. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Optimierungsaufgabe für die Umlaufplanbildung sich gut formalisieren lässt und in den meisten Fällen mit mathematischen Algorithmen exakt lösbar ist. Dadurch ist eine rein automatische Umlaufplanbildung möglich, die einen optimalen Umlaufplan liefert.
Optimaler Umlaufplan bedeutet in diesem Kontext, dass mit dem Umlaufplan das Minimum an Fahrzeugen, oder, allgemeiner, das Minimum an Kosten, erreicht wird, mit denen ein bestehender Fahrplan bedient werden kann. Diese Kosten schließen aber noch keine Personalkosten ein, die erst bei der Dienstplanbildung berücksichtigt werden können.
Die Dienstplanbildung ist um einiges komplizierter als die Umlaufplanbildung. Die zu bildenden Dienste müssen einer ganzen Reihe der gesetzlichen und betrieblichen Anforderungen, wie etwa Pausenregelungen, genügen, was die entsprechende mathematische Aufgabe so kompliziert macht, dass eine exakte Aufgabelösung bei akzeptablen Lösungszeiten unmöglich wird. Deswegen werden hier unterschiedliche heuristische Techniken angewendet, aber auch heuristische Verfahren sind schwierig. Die fest vorgegebenen Rahmen von dem optimalen Umlaufplan lassen nicht nur einen optimalen, sondern oft auch einen akzeptablen Dienstplan nicht zu. Die Ursache ist offensichtlich: Die Optimierungsziele der Dienstplanbildung stehen in Widerspruch mit den Optimierungszielen der Umlaufplanbildung. Gerade die einzuhaltenden Pausenregelungen wären ein deutliches Beispiel dafür.
Um dieser Situation vorzubeugen, wird versucht schon bei der Umlaufplanbildung die Interessen der Dienstplanung mit zu berücksichtigen, damit die gebildeten Umläufe besser für die Dienstplanung geeignet sind. Dabei wird entweder die Kostenmatrix manipuliert, um z.B. die Bildung von pausenreichen Umläufen zu begünstigen, oder, wie es in Praxis oft gemacht wird, ein Zwischenschritt eingeschaltet, bei dem die gebildeten Umläufe mit Pausen bereichert werden. Diese Maßnahmen, oft mit einem großen manuellen und kostenintensiven Aufwand verbunden, schaffen zwar Abhilfe, lösen das Problem aber nicht. Der grundsätzliche Umstand, dass bei der Umlaufplanbildung die vielfältigen und komplizierten Anforderungen der nachfolgenden Dienstplanbildung nur bedingt berücksichtigt werden können, führt dazu, dass der optimierte Umlaufplan zum Hindernis für die Dienstplanbildung und –optimierung wird. Als Folge sind die gebildeten Dienste von einer schlechten Qualität, das Optimierungspotential der gesamten Planung bleibt unerschöpft und es wird eine aufwendige manuelle Anpassung des Dienstplans benötigt.
Einen Ausweg aus dieser Situation bietet eine integrative Umlauf- und Dienstplanbildung, bei der die beiden Planungsaufgaben gleichzeitig gelöst werden.
Das Dienstplanbildungs- und -optimierungssystem MACSSY (Multiobjective Automatic Crew Scheduling System) bzw. Archeops realisiert das Prinzip einer integrativen Umlauf- und Dienstplanbildung und erlaubt nicht nur die Anzahl der Dienste im Vergleich zur manuellen Bildung wesentlich zu reduzieren, sondern auch die Dienstplanqualität sowie -effizienz entscheidend zu verbessern. Aufgrund der Integrativität sind die vorangehende Umlaufplanbildung mit anschließender Umlaufplananpassung nicht mehr notwendig.
Optimierungsprozess
Der Optimierungsprozessablauf wird vom Anwender aus mehreren Teiloptimierungen zusammen gestellt, die während des Optimierungsprozesses ausgeführt werden soll. In einer Teiloptimierung wird definiert, welche Zielfunktion für die Dienstplanoptimierung und welche Qualitätsauswertungsfunktionen benutzt werden sollen, wie aufwendig die Berechnungen durchgeführt werden sollen und bei Bedarf auch zusätzliche vom Anwender definierte Einschränkungen auf Fahrtenverknüpfungen, die während der Teiloptimierung gelten sollen.
Jede Teiloptimierung hat einen Optimierungsgegenstand, der bestimmt, worauf sich die Teiloptimierung bezieht. Es gibt folgende Optimierungsgegenstände:
- Umlaufplan
Es wird ein optimaler Umlaufplan gebildet. Normalerweise ist diese Optimierung nicht notwendig, wird aber manchmal benutzt mit dem Zweck, anschließend die gesamte Fahrtenmasse umlaufweise zwischen verschiedenen Betriebshöfen zu verteilen und dann den Optimierungsprozess für jeden einzelnen Betriebshof zu starten. Sinngemäß sollte so eine Teiloptimierung nicht mit anderen kombiniert werden.
- Dienstplan
Es wird ein Dienstplan gebildet bzw. optimiert. Wenn eine Teiloptimierung mit diesem Optimierungsgegenstand auf einem vorhandenen Dienstplan aufgesetzt wird, dann wird in der Regel der entsprechende Umlaufplan im Laufe der Optimierung geändert, wenn das dem Dienstplan zugute kommt.
Das oberste Optimierungsziel bei einer solchen Teiloptimierung ist die Anzahl der Dienste. Die Qualität der Dienste spielt dabei keine Rolle. Diese Teiloptimierung sollte die erste in der Teiloptimierungsfolge des Prozesses sein gefolgt von Qualität- und Effizienzteiloptimierungen.
- Qualität
Es wird die Qualität des Dienstplans optimiert. Es ist dabei keine Erhöhung der Anzahl der Dienste möglich, es sei denn, solche Erhöhung wurde extra bei der Teiloptimierungsdefinition zugelassen . Was als Qualität des Dienstplans gilt, wird mittels Überwachungswerte bei der Teiloptimierungsdefinition beschrieben. Es können mehrere unterschiedliche Qualitäts-Teiloptimierungen hintereinander folgen, um sukzessiv die Qualitätsverbesserung zu erreichen.
- Effizienz
Es wird die Effizienz gesteigert durch eine Minimierung der unproduktiven Zeit, wo der Bus ohne Fahrgäste ist, also entweder gerade eine Leerfahrt macht oder parkt. Eine Teiloptimierung mit diesem Optimierungsgegenstand sollte die letzte in der Teiloptimierungsfolge sein. Die in den vorangehenden Teiloptimierungen erreichte Dienstplanqualität bleibt bei dieser Teiloptimierung erhalten.
Qualität und Überwachungswerte
Im MICSS-Konzept wird die Qualität eines Umlauf- und Dienstplans als eine Menge von hierarchisch geordneten Werten, genannt Überwachungswerte, verstanden, wo jeder Wert eine Charakteristik des Umlauf- und Dienstplans aus einer bestimmten Sicht darstellt. Diese Überwachungswerte können verschiedenste Aspekte sowohl des Umlauf- als auch Dienstplans in Betracht nehmen. Mit dieser Definition von Qualität des Umlauf- und Dienstplans wird es möglich, zwei verschiedene Umlauf- und Dienstpläne zu vergleichen: besser ist der Plan, dessen Überwachungswert auf irgendeiner Ebene besser ist, vorausgesetzt, dass auf höheren Hierarchieebenen die Werte gleich sind.
Hier sind nur einige Beispiele für mögliche Überwachungswerte:
- Anzahl der Dienste mit einer Dienstqualität kleiner als ein Grenzwert
- Anzahl der Dienste mit einer Längenabweichung von einem Idealwert größer als ein Grenzwert
- Anzahl der geteilten Dienste
- Bezahlte Arbeitszeit
Die meisten während des Optimierungsprozesses geltenden Überwachungswerte werden vom Anwender in der Teiloptimierungsdefinition vorgegeben. Es gibt aber auch systeminterne Überwachungswerte, die von außen nicht oder nur bedingt beeinflussbar sind. Der Überwachungswert mit dem höchsten Rang in der Hierarchie ist die Anzahl der unzulässigen Dienste. Das bedeutet, dass keine Änderung des Umlauf- und Dienstplans akzeptiert wird, wenn sie die Anzahl der unzulässigen Dienste erhöht. Umgekehrt wird der Umlauf- und Dienstplan im Laufe des Optimierungsprozesses geändert, wenn dabei die Anzahl der unzulässigen Dienste reduziert wird. Diese Eigenschaft ermöglicht die Fähigkeit von MACSSY bzw. Archeops die unzulässigen Ausgangspläne zu korrigieren.
Der zweite Überwachungswert in der Hierarchie ist die Anzahl der Dienste. Auf diesen Überwachungswert kann der Anwender einen gewissen Einfluss nehmen, und zwar kann er bestimmen, dass die Anzahl der Dienste bis zu einem bestimmten Grad erhöht werden kann, wenn das einen anderen anwenderspezifischen Überwachungswert positiv beeinflusst. Vor allem findet diese Möglichkeit eine Anwendung in den Fällen, wo sich die Qualität eines oder mehrerer Dienste bei der erreichten Anzahl der Dienste nicht verbessern lässt. Eine andere Möglichkeit ist die zu erreichende Anzahl der Dienste vorzugeben, wenn der Anwender genau weiß, wie viele Dienste er braucht.
Startdialog
Der Optimierungsprozess wird mittels eines Startdialogs gestartet, wo der Anwender eine Möglichkeit hat, die Parameter und Einstellungen des Optimierungsprozesses zu ändern.